SIBO Academy by Dr. Thomas Bacharach
SIBO Academy by Dr. Thomas Bacharach
28. Oktober 2024
Gewicht und SIBO
Kann SIBO das Körpergewicht beeinflussen?

Gewichtszunahme oder Gewichtsabnahme bei SIBO?

Inhalt
1. Was ist SIBO?
1.1 SIBO-Diagnostik
1.2 SIBO-Behandlung
2. Gewichtsveränderungen durch SIBO?
2.1 Gewichtszunahme bei SIBO?
2.2 Gewichtsabnahme bei SIBO?
2.3 Fazit Gewicht und SIBO

1. Was ist SIBO?

„Small Intestinal Bacterial Overgrowth“, kurz SIBO oder auf Deutsch „Dünndarmfehlbesiedlung“, ist, wie der Name bereits verrät, eine bakterielle Fehlbesiedlung des Dünndarms. Hierbei kommt es zu einer unnatürliche Vermehrung von Bakterien im Dünndarm, welcher im gesunden Menschen eigentlich nur recht spärlich mit Bakterien besiedelt ist. Im Vergleich dazu beherbergt ein gesunder Dickdarm zahlreiche Bakterien, die sogenannte Darmflora. Die bakterielle Vermehrung im Dünndarm kann zu einer Vielzahl von Beschwerden wie Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall, Verstopfung, Aufstoßen, Völlegefühl oder Sodbrennen führen.

1.1 SIBO-Diagnostik

Das Standardverfahren zur Diagnose einer SIBO ist der sogenannte Atemtest. Im Rahmen des Atemtestes bekommt der Patienten entweder Laktulose, Laktose, Glukose oder Fruktose (1) verabreicht. Das Prinzip des Atemtestes ist es, zu ermitteln, ob diese Substanzen von Bakterien verstoffwechselt werden und nach welcher Zeit nach der Aufnahme. Hierbei wird sich zunutze gemacht, dass menschliche Zellen weder Wasserstoff noch Methan produzieren, die Darmbakterien aber schon. Ein Anstieg dieser Gase nach der Aufnahme der Testsubstanzen deutet also darauf hin, dass Bakterien die Zucker verstoffwechselt haben. Der Zeitpunkt des Anstieges der Atemgase verrät dem Therapeuten, ob die Gase im Dünn- oder Dickdarm entstanden sind. Mehr Informationen zur Auswertung des Atemtestes erfährst du hier.

1.2 SIBO-Behandlung

Zur Behandlung einer SIBO stehen verschiedene Methoden zur Verfügung. Neben speziell abgestimmte Diäten kommen hierbei auch pflanzlichen oder konventionellen Antibiotika sowie Pro- und Präbiotika zum Einsatz. Die Therapie wird hierbei aber immer auf die Art der vorherrschenden Bakterien und die individuellen Symptome des Patienten angepasst.

2. Gewichtsveränderungen durch SIBO?

Es gibt verschiedene Studien, die SIBO mit Veränderungen des Körpergewichtes assoziieren. Der Trend der Gewichtsveränderung ist hierbei allerdings nicht eindeutig. Es gibt Studien, die eine Verringerung des Körpergewichtes mit SIBO in den Zusammenhang bringen und es gibt Studien, die eine Gewichtszunahme im Rahmen der SIBO aufzeigen.

2.1 Gewichtszunahme bei SIBO?

Es ist möglich, dass es im Rahmen der SIBO zu einer Gewichtszunahme kommt. Hierfür gibt es verschiedene Erklärungsansätze/Ursachen:

Bereits 2006 zeigte eine Studie von Turnbaugh et al., dass das Mikrobiom mit dem Gewicht zusammenhängt und eine Veränderung des Mikrobioms eine Veränderung des Gewichtes hervorrufen kann. Hierzu wurden Mäusen, die keimfrei aufgezogen wurden und somit kein eigenes Mikrobiom besaßen, entweder mit dem Mikrobiom einer dickleibigen Maus oder mit dem einer dünnen Maus besiedelt. Die keimfreie Maus nahm danach entweder ebenfalls an Gewicht zu oder behielt ihr Normalgewicht. Erklärt wurde dieser Zusammenhang damit, dass gewisse Bakterien geschickter darin sind, Energie aus der Nahrung herauszuziehen, als andere. Diese Energie wird dann an den Host weitergegeben, was zur Gewichtszunahme führen kann. (2)

2012 veröffentlichten Basseri et al. eine Studie, die zeigte, dass Patienten, die einen erhöhten Methan-Atemgaswert aufweisen ebenfalls einen erhöhten BMI haben. In der Studie wurden generell nur übergewichtige Personen eingeschlossen. Es ist also interessant zu sehen, dass in dieser Kohorte die Höhe der gemessene Methanwerte einen signifikanten Einfluss auf das Gewicht hatte. Die Wissenschaftler erklärten den Zusammenhang ebenfalls über die Stoffwechselfähigkeit der in diesem Fall Methan-produzierenden Bakterien. Methanogene Bakterien können in der Lage sein, kurzkettige Fettsäuren (SCFAs) herzustellen, welche dem Darmepithel als zusätzliche Energiequelle dienen. Zudem hat Methan einen Einfluss auf die Motilität des Darmes. Methan kann den Darm träge machen und erlaubt somit eine längere Kontaktzeit mit der zugeführten Nahrung, was ebenfalls zu einer höheren Extraktion von Energie aus dieser führen kann. (3)

Eine Studie aus dem Jahr 2019 stellte einen weiteren Zusammenhang zwischen erhöhten Atemgaswerten im Rahmen einer SIBO Diagnose und Übergewicht fest. In dieser Studie wurden übergewichtige Patienten untersucht, welche eine Magen-Bypass-OP hatten. Patienten, die nach der OP positiv auf SIBO diagnostiziert worden waren, nahmen in den folgenden Jahren mehr an Gewicht zu, als negativ getestete Patienten. Die Wissenschaftler nannten keine weiteren Erklärungsansätze zu ihrer Beobachtung. (4)
Generell ist die Wahrscheinlichkeit nach einer Magen-Bypass-OP SIBO zu entwickeln aber erhöht (5).

2.2 Gewichtsabnahme bei SIBO?

Neben der bestehenden Assoziation zwischen Übergewicht und SIBO wird SIBO auch mit Gewichtsverlust verbunden. Die zugrundeliegenden Mechanismen hierfür sind ebenso einleuchtend, wie die oben beschriebenen für die Gewichtszunahme:

Ein typisches SIBO Symptom ist Durchfall. Durchfall und eine erhöhte Darmmotilität reduzieren die Kontaktzeit des Darmes mit der Nahrung und somit ebenfalls die Möglichkeit, Nährstoffe und Energie aus der Nahrung aufzunehmen (6). Dies kann zu Mangelernährungen und Unterversorgung des Körpers mit den nötigen Nährstoffen führen (7). Eine Studie aus dem Jahr 2022 zeigte eine Gewichtsabnahme und einen geringeren BMI in SIBO positiven Patienten mit Morbus Crohn (8). SIBO muss also nicht immer mit Gewichtszunahme einhergehen; auch ein Gewichtsverlust ist denkbar. Im Rahmen des Gewichtverlustes muss vor allem der Nährstoffhaushalt des Körpers berücksichtigt werden. Wenn Nährstoffmängel vorliegen, können viele wichtige Körperfunktionen eingeschränkt sein. Eine Bestimmung der wichtigsten Nährstoffe durch einen Arzt kann hilfreich sein.

2.3 Fazit Gewicht und SIBO

SIBO wird also sowohl mit einer Gewichtszu- als auch -abnahme assoziiert. SIBO alleine kann hierbei jedoch nicht für eine Veränderung des Gewichtes verantwortlich gemacht werden. Gleichzeitig vorliegende Erkrankungen oder Stoffwechselstörungen können, wie oben beschrieben, die Auswirkungen von SIBO auf das Gewicht beeinflussen. Generell sollte eine vorliegende symptomatische SIBO unter ärztlicher Betreuung behandelt und das Gewicht (auch unabhängig von SIBO) kontrolliert werden. Eine ausgewogene Ernährung und ein gesunder Lebensstil gehören ebenso wie Bewegung und mentaler Ausgleich zu einem gesunden Leben dazu. Es ist wichtig, eine Balance zwischen Energiezufuhr und -verbrauch zu finden, um das Gewicht zu regulieren.

 

Quellen

  1. Rezaie A, Buresi M, Lembo A, Lin H, McCallum R, Rao S, Schmulson M, Valdovinos M, Zakko S, Pimentel M. Hydrogen and Methane-Based Breath Testing in Gastrointestinal Disorders: The North American Consensus. Am J Gastroenterol. 2017 May;112(5):775-784. doi: 10.1038/ajg.2017.46. Epub 2017 Mar 21. PMID: 28323273; PMCID: PMC5418558.
  2. Turnbaugh PJ, Ley RE, Mahowald MA, Magrini V, Mardis ER, Gordon JI. An obesity-associated gut microbiome with increased capacity for energy harvest. Nature. 2006 Dec 21;444(7122):1027-31. doi: 10.1038/nature05414. PMID: 17183312.
  3. Basseri RJ, Basseri B, Pimentel M, Chong K, Youdim A, Low K, Hwang L, Soffer E, Chang C, Mathur R. Intestinal methane production in obese individuals is associated with a higher body mass index. Gastroenterol Hepatol (N Y). 2012 Jan;8(1):22-8. PMID: 22347829; PMCID: PMC3277195.
  4. Coelho LK, Carvalho NS, Navarro-Rodriguez T, Marson FAL, Carvalho PJPC. Lactulose Breath Testing Can Be a Positive Predictor Before Weight Gain in Participants with Obesity Submitted to Roux-en-Y Gastric Bypass. Obes Surg. 2019 Nov;29(11):3457-3464. doi: 10.1007/s11695-019-04006-z. PMID: 31187458.
  5. Sabate JM, Coupaye M, Ledoux S, Castel B, Msika S, Coffin B, Jouet P. Consequences of Small Intestinal Bacterial Overgrowth in Obese Patients Before and After Bariatric Surgery. Obes Surg. 2017 Mar;27(3):599-605. doi: 10.1007/s11695-016-2343-5. PMID: 27576576.
  6. Efremova I, Maslennikov R, Poluektova E, Vasilieva E, Zharikov Y, Suslov A, Letyagina Y, Kozlov E, Levshina A, Ivashkin V. Epidemiology of small intestinal bacterial overgrowth. World J Gastroenterol. 2023 Jun 14;29(22):3400-3421. doi: 10.3748/wjg.v29.i22.3400. PMID: 37389240; PMCID: PMC10303511.
  7. Jung SE, Joo NS, Han KS, Kim KN. Obesity Is Inversely Related to Hydrogen-Producing Small Intestinal Bacterial Overgrowth in Non-Constipation Irritable Bowel Syndrome. J Korean Med Sci. 2017 Jun;32(6):948-953. doi: 10.3346/jkms.2017.32.6.948. PMID: 28480652; PMCID: PMC5426230.
  8. Stepanov, Y., Titova, M., & Nedzvetska, N. (2022). Prevalence of small intestinal bacterial overgrowth syndrome among patients with inflammatory bowel disease and its impact on nutritional status and clinical manifestations. GASTROENTEROLOGY55(3), 166–171. https://doi.org/10.22141/2308-2097.55.3.2021.241586

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Als Arzt, Spezialist für funktionelle Magen-Darmerkrankungen und selbst Betroffener möchte ich anderen Therapeuten helfen, ihre Patienten besser zu verstehen und zu behandeln.

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