LAURA HAINEL

M.Sc. Ernährungsmedizin

🕑 Lesezeit: 3-5 Minuten

👆 Das Wichtigste in Kürze

• Bei einer SIBO (Dünndarmfehlbesiedelung) leben vermehrt Bakterien im Dünndarm, in den sie eigentlich nicht gehören.
• Diese überschüssigen Bakterien können erhebliche Symptome hervorrufen, indem sie bestimmte Nahrungsmittel fermentieren.
• Symptome wie Blähungen, Blähbauch, Durchfall aber auch Verstopfung sind je nach Art der Fehlbesiedlung sehr verbreitet.

SIBO: Was ist das und was für Symptome sind typisch?

Inhalt
1. Was ist SIBO?
2. SIBO-Symptome
2.1 Bauchschmerzen
2.2 Blähbauch
2.3 Durchfall
2.4 Verstopfung
2.5 Weitere Symptome
3. SIBO Arten
3.1 Wasserstoff-SIBO
3.2 Methan-SIBO
3.3 Schwefelwasserstoff-SIBO
4. SIBO Therapie und Behandlung

1. Was ist SIBO?

SIBO ist die Abkürzung für den englischen Ausdruck „Small Intestinal Bacterial Overgrowth“, auf Deutsch „Dünndarmfehlbesiedlung“. SIBO beschreibt die krankhafte Überwucherung von Bakterien im Dünndarm. Im gesunden Zustand ist der Dünndarm, im Gegensatz zum Dickdarm, dessen Darmflora reich an Bakterien ist, nur spärlich mit Bakterien besiedelt. Die Menge an Bakterien kann in koloniebildenden Einheiten (KBE) gemessen werden. Im Dickdarm befinden sich ungefähr 10^10-10^12 KBE/ml. In Worten sind dies 10 Milliarden bis eine Billion Darmbakterien. Der Dünndarm hingegen beinhaltet nur 10^2-10^8 KBE/ml, wobei die Menge im Verlauf des Darms von Duodenum über Jejunum bis hin zum Ileum zunimmt. (1)

Die Prävalenz, also die Krankheitshäufigkeit, der SIBO ist nicht genau bekannt. Je nach Quelle werden zwischen 2,5% und 22% angegeben (2). Konservative Schätzungen gehen von einer weltweiten Prävalenz von 11% aus. Die Ursachen für die Entstehung einer SIBO sind vielfältig. Zu diesen Ursachen zählen z.B. Medikamente, eine verschlechterte Motilität des Darmes , eine reduzierte Verdauung oder ein erschwerter Fluss des Nahrungsbreis durch den Darm . Diese bakterieller Fehlbesiedlung kann zu verschiedenen Beschwerden führen. Weitere klassische Symptome neben Bauchschmerzen sind Blähungen , Übelkeit und Verstopfung .

2. SIBO-Symptome

Aufgrund des vermehrten Bakterienwachstums am falschen Platz (bakterielle Fehlbesiedlung) kommt es häufig zu einer Überforderung des Dünndarms. Der Dünndarm kann mit der von den Bakterien produzierten Menge an Gasen und Giftstoffen nicht umgehen. Die Folgen sind Symptome Verdauungsbeschwerden wie Bauchschmerzen, Blähbauch , Veränderungen des Stuhls wie  Durchfall, Verstopfung, Aufstoßen, Völlegefühl und Sodbrennen. Die Symptome sind oft ähnlich wie beim Reizdarmsyndrom. Einige Patienten klagen auch über Müdigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten und depressive Verstimmungen. Nicht alle 11% der Weltbevölkerung sind so schwer betroffen, dass sie therapeutische Hilfe benötigen. In manchen Fällen verläuft eine Dünndarmfehlbesiedlung auch komplett asymptomatisch.

Die Symptome und Beschwerden setzen typischerweise in den ersten 120 Minuten nach der Nahrungsaufnahme ein und können durch eine FODMAP-reiche Ernährung verstärkt werden. FODMAPs (fermentierbare Oligo-, Di-, Monosaccharide und Polyole) sind fermentierbare Kohlenhydrate und dienen Bakterien als Nahrung. Die Lebensmittel, in denen sie vorkommen, sind komplett unterschiedlich. Häufig sind es Nahrungsmittel, die sehr reich sind an Ballaststoffen. Über Getreide, Milchprodukte, Pilze, Kohl und Hülsenfrüchten ist alles dabei. Eine spezielle low FODMAP – Diät kann demnach häufig zur Linderung von Symptomen führen.

Eine Besserung der Symptome erfolgt meist nach längeren Nüchternphasen. So sind die Beschwerden am Morgen oftmals besser und nehmen im Verlauf des Tages mit zunehmender Nahrungsaufnahme zu.

Schauen wir uns die einzelnen Symptome nochmals genauer an:

2.1 Bauchschmerzen

Bauchschmerzen sind grundsätzlich ein Warnsignal für diverse Magen-Darm-Erkrankungen. Neben der Dünndarmfehlbesiedlung (SIBO) sind hier auch das Reizdarmsyndrom und die viszeraler Hypersensitivität zu nennen. Dadurch, dass sich bei der Dünndarmfehlbesiedlung viele Bakterien im Dünndarm ansiedeln, die dort normalerweise nicht vorkommen, können unter anderem auch Bauchschmerzen die Folge sein.  Mehr dazu findet sich im Artikel über Bauchschmerzen bei SIBO .

2.2 Blähbauch

Ein sehr häufiges Symptom bei der Dünndarmfehlbesiedelung (SIBO) ist ein Blähbauch . Die Symptome setzen meistens in den ersten 120 min nach dem Essen ein. Nicht immer gehen Winde dabei ab und es kommt zu Blähungen. Die Gasbildung entsteht im mittleren Verdauungstrakt. Damit kann es passieren, dass die Gase nicht so leicht entweichen können und es kommt vor allem tatsächlich zu einem Blähbauch oder auch zur vermehrte Aufstoßen. Ein weiterer Aspekt ist, dass Reizdarm Betroffene mehr Sensibilität in Bezug auf die Gasmengen im Darm haben. So wird eine leicht erhöhte Gasmenge auch leichter wahrgenommen.

2.3 Durchfall

Eine Dünndarmfehlbesiedlung (small intestinal bacterial overgrowth, kurz SIBO) hat unterschiedliche Folgen und Symptome. Durch die bakterielle Fehlbesiedlung kann der Darm in seiner Funktion der Nahrungsaufnahme gestört werden. Dadurch können unverdaute Bestandteile von Lebensmittel in den Dickdarm gelangen, wo diese Wasser ziehen können und zu Durchfall führen können. Des Weiteren geht SIBO häufig mit einer Störung der Darmmotilität einher, was ebenfalls eine Ursache für  Durchfall sein kann.

2.4 Verstopfung

Bei der SIBO kann es nicht nur zu Durchfall, sondern auch zu Verstopfung kommen. Dies ist vorwiegend der Fall, wenn die Fehlbesiedlung durch Archeen vorliegt (Methan-SIBO). Bei Archaeen handelt es sich, streng genommen, nicht um Bakterien. Deshalb ist hier die Bezeichnung SIBO (bacterial overgrowth) eigentlich falsch. Dennoch wird diese Art der Fehlbesiedlung der SIBO zugeordnet.
Archaeen bilden das Gas Methan. Dieses kann die Darm-Transit-Zeit, also die Zeit, in der die Nahrung bzw. der Nahrungsbrei im Darm weitergetragen wird, verlängern. Das begünstigt die Entstehung von Verstopfung.

2.5 Weitere Symptome

Je nachdem, wo die Fehlbesiedlung im Darm lokalisiert ist, können auch Übelkeit oder Magen-Verstimmungen auftreten. Auch ein Leaky Gut Syndrom, also eine größere Durchlässigkeit der Darmschleimhaut, wird oft in Zusammenhang mit SIBO beobachtet. In manchen Fällen werden auch eine Zunahme oder eine Abnahme des Gewichts in festgestellt. Ein Gewichtsverlust kann also demnach unter Umständen mit SIBO zusammenhängen. Häufig liegt dies daran, dass Nährstoffe aus den Nahrungsbestandteilen durch die Veränderung in der Besiedlung im Darm nicht gut aufgenommen werden. Weitere Symptome können auch an der Haut sichbar sein. Akne, Rosacea und Psoriasis / Neurodermitis können mit SIBO zusammenhängen. Auch in der Nacht haben einige SIBO-Betroffene Herausforderungen. Blähungen, Bauchschmerzen oder aber auch das Restless-Leg-Syndrom können die Nacht unruhig gestalten. Auch Schwindel und Abgeschlagenheit können unter Umständen indirekt im Zusammenhang mit SIBO auftreten.

3. SIBO Arten

Es gibt drei verschiedene Hauptformen der SIBO Erkrankung. Hierbei wird nach den überwiegend produzierten Gasen eingeteilt und zwischen Wasserstoff (H2), Methan (CH4) und Hydrogensulfid (H2S) unterschieden:

3.1 Wasserstoff-SIBO

Bei der H2-SIBO klagen die Betroffenen meist über Beschwerden der Verdauung wie  Durchfall, Blähbauch und Blähungen. Wasserstoff entsteht als Abfallprodukt verschiedener Stoffwechselprozesse und wird von zahlreichen verschiedenen Bakterien produziert. Die häufigsten bislang bekannten Bakterien sind hier E.coli-Bakterien und Klebsiellen.

3.2 Methan-SIBO

Menschen mit einer Methan-dominanten SIBO leiden meist unter Verstopfung und häufig unter Blähbauch und Blähungen. Methan wird dabei hauptsächlich von Archaeen produziert. Die Bezeichnung SIBO ist hier also eigentlich nicht ganz richtig, da es sich bei Archaeen nicht um Bakterien handelt. Die Methan-dominante-SIBO wird daher IMO (intestinal metanogen overgrowth) (3) genannt. Zusätzlich dazu, dass Archaeen keine klassischen Bakterien sind, können sie sowohl im Dünn- als auch im Dickdarm übersiedeln. Ein wichtiger Aspekt bei der Auswertung der Atemtests.
Archaeen und Bakterien gehören beide zu den Prokaryoten, was bedeutet, dass sie im Gegensatz zu den Eukaryoten keinen Zellkern besitzen. Dennoch unterscheiden sich Archaeen und Bakterien im Zellaufbau und in ihren Stoffwechselprozessen.
Zu den Hauptverursachern einer Methan-dominanten SIBO zählen Methanobrevibacter smithii (4), Methanomassillococcus aund Methanosphaera stadtmaniae.

3.3 Schwefelwasserstoff-SIBO

Bei einer Hydrogensulfid-SIBO überwiegen, wie der Name verrät, Hydrogensulfid-produzierende Bakterien. Hierzu zählen vor allem Fusobacterium genus und Desulvofibrio sp.. Hydrogensulfid ist hierbei der chemische Name für das Gas Schwefelwasserstoff. Die Symptome können bei dieser Form der SIBO sowohl Durchfall (5) als auch Verstopfung (6) sein. Daneben kann es zu Blähungen, die einen typischen Geruch nach faulen Eiern haben und dem sogenannten Brain-Fog kommen.

Derzeit gibt es in Deutschland noch keinen Atemgastest, der direkt Schwefelwasserstoff über die Ausatemluft nachweisen kann. Die Diagnosestellung erfolgt zum Einen über die charakteristischen Symptome, zum Anderen gibt der Atemtest mit Lactulose über 180min einen entscheidenden, indirekten Hinweis: Da Lactulose ausschließlich von Bakterien verwertet werden kann, sollte nach 120min bei der Auswertung ein deutlicher Anstieg der gemessenen Gase zu sehen sein. Nach gut zwei Stunden kommt die Laktuloselösung normalerweise im Dickdarm an, wo sie von den dort natürlicherweise vorkommenden Bakterien abgebaut wird. Ist dies auch nach 180min Testzeit nicht der Fall, wurde die Testlösung bereits vorher abgebaut- von schwefelwasserstoffbildenden Bakterien im Dünndarm.

4. SIBO Therapie und Behandlung

Die Behandlung einer SIBO sollte durch einen Arzt durchgeführt werden und umfasst spezifische Diäten, Medikamente wie Antibiotika (z.B. Rifaximin) und Probiotika. Zur Diagnose einer SIBO eignet sich der SIBO Atemgastest / Atemtest.

5. FAQs

Quellen

1. 1. Cresci GA, Bawden E. Gut Microbiome: What We Do and Don’t Know. Nutr Clin Pract. 2015 Dec;30(6):734-46. doi: 10.1177/0884533615609899. Epub 2015 Oct 8. PMID: 26449893; PMCID: PMC4838018.
   2. Skrzydło-Radomańska B, Cukrowska B. How to Recognize and Treat Small Intestinal Bacterial Overgrowth? J Clin Med. 2022 Oct 12;11(20):6017. doi: 10.3390/jcm11206017. PMID: 36294338; PMCID: PMC9604644.
   3. Takakura W, Pimentel M. Small Intestinal Bacterial Overgrowth and Irritable Bowel Syndrome – An Update. Front Psychiatry. 2020 Jul 10;11:664. doi: 10.3389/fpsyt.2020.00664. PMID: 32754068; PMCID: PMC7366247.
   4. Takakura W, Pimentel M. Small Intestinal Bacterial Overgrowth and Irritable Bowel Syndrome – An Update. Front Psychiatry. 2020 Jul 10;11:664. doi: 10.3389/fpsyt.2020.00664. PMID: 32754068; PMCID: PMC7366247.
   5. Pimentel M, Hosseini A, Chang C, Mathur R, Rashid M, Sedighi R, et al. Fr248 EXHALED HYDROGEN SULFIDE IS INCREASED IN PATIENTS WITH DIARRHEA: RESULTS OF A NOVEL COLLECTION AND BREATH TESTING DEVICE. Gastroenterology. 2021 May;160(6):S-278. DOI: 10.1016/S0016-5085(21)01391-3.
   6. Guo HZ, Dong WX, Zhang X, Zhu SW, Liu ZJ, Duan LP. [The diagnostic value of hydrogen sulfide breath test for small intestinal bacterial overgrowth]. Zhonghua Nei Ke Za Zhi. 2021 Apr 1;60(4):356-361. Chinese. doi: 10.3760/cma.j.cn112138-20200731-00725. PMID: 33765706.