
Auswirkungen von SIBO auf die Psyche
1. Darmmikrobiom
2. Darm-Hirn-Achse
2.1 Das Bauch-Hirn
2.2 Darmmikrobiom und Psyche
2.3 Bakterielle Metabolite und Psyche
3. SIBO und Psyche
3.1 SIBO und Serotonin
3.2 SIBO-Therapie und Psyche
1. Darmmikrobiom
Unter der Darmflora versteht man das im Darm lebende Mikrobiom. Das Darmmikrobiom setzt sich aus Bakterien, Archaeen und Pilzen zusammen und ist ein natürlicher Bestandteil des Menschen. Die genaue Zusammensetzung des Darmmikrobioms variiert von Mensch zu Mensch. Zudem gibt es Zusammensetzungen, die als eher vorteilhaft oder eher nachteilig beurteilt werden können. Ein von der gesunden Norm abweichendes Mikrobiom kann mit dem Vorhandensein von gewissen Erkrankungen assoziiert sein. Die Darmbakterien übernehmen zahlreiche Aufgaben. Hierzu zählt das Training und die Beeinflussung der Entwicklung des Immunsystems, die Produktion von Vitaminen, die Abwehr von Pathogenen und vieles mehr.
2. Darm-Hirn-Achse
Jeder kennt es: das Bauchgefühl. In einigen Situationen vertrauen wir lieber unserem Darm als den logischen Argumenten unseres Gehirnes. Doch steckt vielleicht mehr hinter diesen Entscheidungen als nur ein ominöses Gefühl?
2.1 Das Bauch-Hirn
Der Darm und das Gehirn sind im ständigen Austausch. Der Darm dient nicht nur der Verdauung von zugeführten Lebensmitteln, sondern beherbergt auch einen großen Teil des Immunsystems und ein eigenes Nervensystem. Dieses enterische Nervensystem (ENS) ist autonom, was bedeutet, dass wir es nicht bewusst steuern können. Das ENS steuert Funktionen wie die Darmmotilität und den gastrointestinalen Blutfluss. Das Gehirn ist Bestandteil des zentralen Nervensystems (ZNS). ZNS und ENS beeinflussen sich gegenseitig und stehen in dauerhafter Kommunikation.
2.2 Darmmikrobiom und Psyche
Ein wichtiger Bestandteil unseres Darmes ist das Darmmikrobiom. Eine veränderte Darmflora (Dysbiose) wird mit neurologischen Erkrankungen wie Depressionen oder Autismus assoziiert (1). Des Weiteren ist bekannt, dass die Verwendung von Antibiotika das Risiko für Depressionen erhöhen kann (2). Eine Studie aus dem Jahr 2016 fand heraus, dass das Mikrobiom und die Entstehung von Depression miteinander zusammenhängen (3). Die Forscher übertrugen hierfür das Mikrobiom von depressiven Probanden in gesunde Ratten und stellten fest, dass diese Ratten daraufhin ebenfalls depressive Verstimmungen zeigten (3).
2.3 Bakterielle Metabolite und Psyche
Doch wie schaffen es Bakterien im inneren unseres Darmes unser Gehirn und damit unsere Stimmung zu beeinflussen? Die Darmflora produziert unter anderem Substanzen wie GABA (Gamma-Amino-Buttersäure) oder Serotonin, die auf die Kommunikation zwischen Darm und Gehirn wirken. GABA und Serotonin sind wichtige Neurotransmitter. Unter anderem Bifidobacterium und Lactobacillus sind in der Lage GABA zu produzieren(4,5). Das Vorhandensein von Roseburia intestinalis im Darm wurde mit erhöhten Serotonin Spiegeln im Gehirn assoziiert (6).
3. SIBO und Psyche
SIBO steht für „small intenstinal bacterial overgrowth” was übersetzt Dünndarmfehlbesiedlung bedeutet. Im gesunden Zustand ist der Dünndarm, im Gegensatz zum Dickdarm, nur spärlich mit Bakterien besiedelt. SIBO beschreibt die krankhafte Vermehrung von Bakterien im Dünndarm. Diese Dysbiose kann zum vermehrten Vorliegen von bakteriellen Metaboliten und Toxinen führen, welche die Dram-Hirn-Achse beeinflussen und auf die Psyche schlagen können.
3.1 SIBO und Serotonin
Das Vorliegen einer SIBO wird mit Depression und Angst- bzw. Unruhezuständen assoziiert (7). Der Grund hierfür scheint eine durch die Dünndarmfehlbesiedlung ausgelöste Veränderung im Tryptophan-Serotonin-Stoffwechsel zu sein (8). Tryptophan kann in wenigen Schritten zu Serotonin metabolisiert werden. Serotonin wird manchmal auch als Glückshormon bezeichnet, da es im Gehirn an der Verarbeitung von Emotionen beteiligt ist. Ein gestörtes Gleichgewicht im Serotonin-Haushalt wird unter anderem mit Depressionen und Angststörungen assoziiert.
3.2 SIBO-Therapie und Psyche
Wird die SIBO mit einer entsprechend individuell angepassten Therapie behandelt, kann es zu einer Verbesserung der psychischen Symptome kommen (9,10). Eine SIBO-Therapie kann verschiedene Präparate beinhalten. Hierzu können Antibiotika aber auch Probiotika gehören. Die SIBO-Therapie sollte aber generell nur in Zusammenarbeit mit einem Arzt durchgeführt werden.
Quellen
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- Lee J, Park SJ, Choi S, Chang J, Park YJ, Jeong S, Son JS, Lee G, Ahn JC, Kim JA, Park SM. Antibiotic exposure and depression incidence: A cohort study of the Korean population. Psychiatry Res. 2024 May 29;339:115992. doi: 10.1016/j.psychres.2024.115992. Epub ahead of print. PMID: 38875919.
- Kelly JR, Borre Y, O‘ Brien C, Patterson E, El Aidy S, Deane J, Kennedy PJ, Beers S, Scott K, Moloney G, Hoban AE, Scott L, Fitzgerald P, Ross P, Stanton C, Clarke G, Cryan JF, Dinan TG. Transferring the blues: Depression-associated gut microbiota induces neurobehavioural changes in the rat. J Psychiatr Res. 2016 Nov;82:109-18. doi: 10.1016/j.jpsychires.2016.07.019. Epub 2016 Jul 25. PMID: 27491067.
- Zou XZ, Gong LC, Li TT, Lv SY, Wang J. Optimization of fermentation conditions for the production of γ-aminobutyric acid by Lactobacillus hilgardii GZ2 from traditional Chinese fermented beverage system. Bioprocess Biosyst Eng. 2024 Jun;47(6):957-969. doi: 10.1007/s00449-024-03028-x. Epub 2024 May 8. PMID: 38717593.
- Li J, Li Y, Zhao J, Li L, Wang Y, Chen F, Li Y, Cheng R, He F, Ze X, Shen X. Effects of Bifidobacterium breve 207-1 on regulating lifestyle behaviors and mental wellness in healthy adults based on the microbiome-gut-brain axis: a randomized, double-blind, placebo-controlled trial. Eur J Nutr. 2024 Jun 13. doi: 10.1007/s00394-024-03447-2. Epub ahead of print. PMID: 38869657.
- Zhou M, Fan Y, Xu L, Yu Z, Wang S, Xu H, Zhang J, Zhang L, Liu W, Wu L, Yu J, Yao H, Wang J, Gao R. Microbiome and tryptophan metabolomics analysis in adolescent depression: roles of the gut microbiota in the regulation of tryptophan-derived neurotransmitters and behaviors in human and mice. Microbiome. 2023 Jun 30;11(1):145. doi: 10.1186/s40168-023-01589-9. PMID: 37386523; PMCID: PMC10311725.
- Kossewska J, Bierlit K, Trajkovski V. Personality, Anxiety, and Stress in Patients with Small Intestine Bacterial Overgrowth Syndrome. The Polish Preliminary Study. Int J Environ Res Public Health. 2022 Dec 21;20(1):93. doi: 10.3390/ijerph20010093 . PMID: 36612414; PMCID: PMC9819554.
- Chojnacki C, Popławski T, Konrad P, Fila M, Chojnacki J, Błasiak J. Serotonin Pathway of Tryptophan Metabolism in Small Intestinal Bacterial Overgrowth-A Pilot Study with Patients Diagnosed with Lactulose Hydrogen Breath Test and Treated with Rifaximin. J Clin Med. 2021 May 12;10(10):2065. doi: 10.3390/jcm10102065. PMID: 34065903; PMCID: PMC8150299.
- Chojnacki C, Popławski T, Konrad P, Fila M, Błasiak J, Chojnacki J. Antimicrobial treatment improves tryptophan metabolism and mood of patients with small intestinal bacterial overgrowth. Nutr Metab (Lond). 2022 Sep 27;19(1):66. doi: 10.1186/s12986-022-00700-5. PMID: 36167589; PMCID: PMC9513933.
- Chojnacki C, Konrad P, Błońska A, Medrek-Socha M, Przybylowska-Sygut K, Chojnacki J, Poplawski T. Altered Tryptophan Metabolism on the Kynurenine Pathway in Depressive Patients with Small Intestinal Bacterial Overgrowth. Nutrients. 2022 Aug 6;14(15):3217. doi: 10.3390/nu14153217. PMID: 35956393; PMCID: PMC9370164.

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Als Arzt, Spezialist für funktionelle Magen-Darmerkrankungen und selbst Betroffener möchte ich anderen Therapeuten helfen, ihre Patienten besser zu verstehen und zu behandeln.