SIBO und Hautprobleme: Warum SIBO zu Hautirritationen führen kann
Inhalt
1. Was ist SIBO?
1.1 SIBO-Diagnostik
1.2 SIBO-Behandlung
2. Bakterien als Nährstoffräuber
3. Die Darm-Haut-Achse
3.1 SIBO und Rosazea
3.2 SIBO und Akne
3.3 Mikrobiom und Psoriasis/Neurodermitis
1. Was ist SIBO?
SIBO steht für „Small Intestinal Bacterial Overgrowth“, was auf Deutsch „Dünndarmfehlbesiedlung“ bedeutet. Dieser Begriff beschreibt eine unnatürliche Vermehrung von Bakterien im Dünndarm. Im Gegensatz zum Dickdarm ist der Dünndarm bei einem gesunden Menschen nur geringfügig mit Bakterien besiedelt. Wenn jedoch Bakterien im Dünndarm übermäßig wachsen, kann der Dünndarm die von ihnen produzierten Gase und Giftstoffe nicht mehr bewältigen. Dies führt zu verschiedenen Beschwerden wie Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall, Verstopfung, Aufstoßen, einem Völlegefühl und Sodbrennen.
1.1 SIBO-Diagnostik
Die Diagnose einer SIBO erfolgt in der Regel über einen Atemtest. Dabei können verschiedene Substanzen verwendet werden, die jeweils ihre eigenen Vor- und Nachteile haben. Zu diesen Substanzen gehören Laktulose, Laktose, Glukose oder Fruktose (1), die als Lösung während des Atemtests eingenommen werden. Die Auswahl der Substanzen ist darauf zurückzuführen, dass nicht alle Bakterien in der Lage sind, jeden Zucker zu verstoffwechseln.
Der Atemgastest beruht auf der Tatsache, dass menschliche Zellen weder Wasserstoff noch Methan produzieren. Ein Anstieg dieser Gase nach der Aufnahme von Kohlenhydraten weist daher auf Bakterien hin, die den Zucker fermentieren. Das entstehende Gas wird in die Blutbahn aufgenommen und über die Atemluft ausgeschieden.
1.2 SIBO-Behandlung
Bei einem positiven SIBO-Test stehen verschiedene Behandlungsmethoden zur Verfügung. Dazu gehören eine speziell entwickelte SIBO-Diät, pflanzliche oder herkömmliche Antibiotika (2) sowie Probiotika. Die Wahl der Therapie hängt jedoch von der Art und dem Verlauf der Symptome sowie den vorherrschenden Bakterien ab.
2. Bakterien als Nährstoffräuber
Die Folgen einer bakteriell Fehlbesiedlung sind weitreichend. Die Ansiedlung der Bakterien im Dünndarm führt dazu, dass Bakterien und Mensch um die mit der Nahrung zugeführten Nährstoffe kämpfen. Der Dünndarm ist der Ort, an dem Nährstoffe in die Blutbahn aufgenommen werden. Die ungebetenen Gäste im Dünndarm bedienen sich allerdings ebenfalls reichlich am Buffet. Dies raubt nicht nur unseren Körper wichtige Mineralstoffe und Vitamine, sondern auch den Bakterien im Dickdarm. Ist nicht mehr ausreichend Nahrung vorhanden, beginnen diese Bakterien, die Dünndarmschleimhaut anzugreifen und sich von ihr zu ernähren. Daraus resultiert häufig ein Leaky-Gut-Syndrom, ein durchlässiger Darm. Die erhöhte Durchlässigkeit führt dazu, dass der neben den Nährstoffen auch größere Nahrungsbestandteile und unerwünschte Fremdstoffe ins Blut geraten. Die Folgen können systemische Entzündungen, Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Autoimmunreaktionen sein.
Ein weiteres Problem der bakteriellen Fehlbesiedlung des Dünndarmes sind die Abfallstoffe (Toxine), die die Bakterien bilden. Durch eine geschwächte Barriere der Schleimhaut können diese Stoffe leichter in die Blutbahn gelangen und zu einer Vielzahl an Symptomen führen.
Ein Mangel an Nährstoffen kann zu zahlreichen Symptomen und Krankheitsbildern führen. Zu den möglichen Erkrankungen zählen bestimmte Hautveränderungen. Ein Mangel an Zink, Selen und Vitamin D wird beispielsweise mit Akne assoziiert (3).
3. Die Darm-Haut-Achse
Eine bakterielle Fehlbesiedlung im Darm geht oft mit einer systemischen Entzündungsreaktion einher. Diese kann auch die Haut betreffen. Diese Verbindung zwischen Darm und Haut wird als gut-skin-axis, zu Deutsch Darm-Haut-Achse, bezeichnet.
3.1 SIBO und Rosazea
Ein Beispiel für eine Hauterkrankung, die mit SIBO assoziiert wird, ist Rosazea (4,5). Rosazea ist eine chronisch-entzündliche Hauterkrankung, die mit sichtbaren Erweiterungen von oberflächlich gelegenen kleinsten Blutgefäßen in Haut und Schleimhaut einher geht. In entzündlichen Episoden kann es auch zu Papeln und Pusteln im Gesicht kommen. Die Ursache für die Entstehung dieser Hauterkrankung ist bis jetzt (2024) nicht abschließend geklärt. Ein Zusammenhang mit einem veränderten Darmmikrobiom ist denkbar. So wird beispielsweise SIBO mit Rosazea assoziiert. SIBO kommt bei Rosazea Patienten circa dreizehn mal häufiger vor als bei Gesunden (6). Die Behandlung einer SIBO (zum Beispiel mit speziellen Antibiotika) kann zu einer Besserung der Rosazea führen (7,8,9).
3.2 SIBO und Akne
SIBO kann zu Nährstoffmängeln führen, welche negative Auswirkungen auf die Haut haben und eventuell die Entstehung von Akne beeinflussen können (3). Doch dies ist nicht die einzige Verbindung zwischen SIBO und Hautveränderungen wie Akne. Ein weiterer wichtiger Einflussfaktor ist das Immunsystem. Achtzig Prozent der menschlichen Immunzellen befinden sich im Darm und das Darmmikrobiom ist fähig, diese zu beeinflussen (10). Liegt eine Dysbiose, zum Beispiel in Form von SIBO, vor, kann dies zu entzündlichen Prozessen im Darm führen, welche systemische Auswirkungen haben können.
3.3 Mikrobiom und Psoriasis/Neurodermitis
Ein verändertes Darmmikrobiom wird beispielsweise mit Psoriasis (Schuppenflechte) oder Neurodermitis assoziiert (11). Der Zusammenhang ist auch hier über das Immunsystem zu erklären. Eine bakterielle Dysbiose führt in vielen Fällen zu einer entzündlichen Schleimhaut im Darm. Ist die Darmbarriere in dieser Form gestört, spricht man auch von einem löchrigen Darm (leaky gut). Dies bedeutet, dass die Darmbarriere nicht mehr in der Lage ist, Nährstoffe gefiltert von pathogenen Bakterien oder Giftstoffen aufzunehmen. Gelangen diese Giftstoffe und Pathogene, aber auch große, unverdaute Nahrungsbestandteile nun also einfacher durch die Darmbarriere in den Blutkreislauf, kommt es zu einer systemischen Entzündungsreaktion. Diese kann die Haut erreichen und zu Hauterkrankungen führen.
Quellen
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- Kazeminejad A, Hajheydari Z, Taghian SS, Gholizadeh N. Serum zinc, selenium, and vitamin D levels in patients with acne vulgaris: A case-control study. J Cosmet Dermatol. 2024 Jul 25. doi: 10.1111/jocd.16494. Epub ahead of print. PMID: 39051440.
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- Chen M, Wang R, Wang T. Gut microbiota and skin pathologies: Mechanism of the gut-skin axis in atopic dermatitis and psoriasis. Int Immunopharmacol. 2024 Aug 12;141:112658. doi: 10.1016/j.intimp.2024.112658. Epub ahead of print. PMID: 39137625.
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Als Arzt, Spezialist für funktionelle Magen-Darmerkrankungen und selbst Betroffener möchte ich anderen Therapeuten helfen, ihre Patienten besser zu verstehen und zu behandeln.