SIBO Academy by Dr. Thomas Bacharach
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25. November 2024
Leaky Gut: Definition und Diagnose
Leaky Gut beschreibt eine erhöhte die Durchlässigkeit des darmes.

Leaky Gut Syndrom: Definition und Diagnose

Inhalt
1. Was ist leaky gut?
1.1 Aufbau der Darmbarriere
1.1.1 Zonulin & Permeabilität
1.2 Symptome des leaky guts
2. Diagnoseansätze des leaky gut
2.1 Zuckertest
2.2 Zonulin
2.3 Endoskopie mit Biopsie
2.4 Alpha-1-Antitrypsin
2.5 I-FABP
3. Zusammenfassung

1. Was ist leaky gut?

Das leaky gut Syndrom beschreibt einen Zustand, in dem die Darmschleimhaut durchlässiger wird (increased intestial permeability). Dies geht oft mit einer Immunaktivierung und einem gestörtem Mikrobiom einher.

1.1 Aufbau der Darmbarriere

Der Gastrointestinaltrakt (Verdauungstrakt) ist neben der Haut und dem Respirationstrakt (Atemwege) eines der größten Kontaktflächen des Menschen mit der Außenwelt. Der Darmbarriere kommt daher eine wichtige Aufgabe zu: Die Darmbarriere muss nicht nur in der Lage sein, den Körper nach außen abzugrenzen und vor eindringenden Pathogenen oder Schadstoffen zu schützen (Barrierefunktion), sondern zeitgleich die Aufnahme überlebensnotwendiger Nahrungsbestandteile zu erlauben. Diese widersprüchlichen Anforderungen erfordern eine gewisse Permeabilität zeitgleich zu einer guten Abdichtung.

1.1.1 Zonulin & Permeabilität

Permeabilität beschreibt die Durchlässigkeit des Darmes. Der Darm besteht nur aus einer einzigen Zellschicht (den sogenannten Enterozyten), welche mit „tight junctions“ verbunden sind. Die Menge an tight junctions wird z.B. von Zonulin reguliert. Zonulin wird von der Darmschleimhaut freigesetzt und ist sowohl im Blut als auch im Stuhl messbar. Erhöhte Werte sind ein Marker für eine gesteigerte Darmdurchlässigkeit („leaky gut“). Eine gesteigerte Darmdurchlässigkeit durch eine Störung der Darmbarriere erlaubt, dass größere Moleküle, Toxine und Bakterien in den Blutkreislauf übertreten können, was zur Aktivierung des Immunsystems und somit Entzündungsreaktionen führen kann.

1.2 Symptome des leaky guts

Zu den typischen Symptomen des leaky gut Syndroms zählen Verdauungsprobleme wie Durchfall, Verstopfung, Blähungen und Gasbildung, Abdominalschmerzen und -beschwerden, Müdigkeit, Kopf-, Muskelschmerzen, Konzentrationsschwierigkeiten („brain fog“), Hautprobleme wie Akne, Ekzeme und Rosacea sowie Gelenkschmerzen und systemische Entzündungen. Assoziierte Erkrankungen sind zudem psychischen Symptomen wie Depression und Angst, chronische Müdigkeit, Autoimmunerkrankungen (z. B. rheumatoide Arthritis, Psoriasis) und Diabetes (1). Seit den 1970er Jahren ist das leaky gut Syndrom im Zusammenhang mit Darmentzündungen, chronischen entzündlichen Darmerkrankungen, Zöliakie und NSAID-induzierten Ulzera bekannt.

2. Diagnoseansätze des leaky gut

Bisher (Stand November 2024) ist das leaky gut Syndrom nicht als eigenständige Krankheit anerkannt, weshalb es kein Standarddiagnosetest für leaky gut gibt. Es gibt jedoch eine Vielzahl an Tests, die auf eine erhöhte Darmdurchlässigkeit hindeuten können: Hierzu zählen der sogenannte Zuckertest, Zonulin, Alpha-1-Antitrypsin, I-FABP (intestinales Fettsäure-bindendes Protein) und Biopsien.

2.1 Zuckertest

Der Zuckertest, auch bekannt als Lactulose-Mannitol-Test, ist eine bewährte Methode zur Messung der Darmpermeabilität. Dabei trinkt der Patient eine Lösung, die die beiden Zuckermoleküle enthält. Mannitol ist ein leicht absorbierbarer Zucker, wohingegen Laktulose größer ist und normalerweise nur in kleinen Mengen absorbiert wird.
Anschließend wird der Urin über mehrere Stunden (typischerweise 5–6) gesammelt und auf die Konzentration beider Zucker untersucht. In einer gesunden Person wird erwartet, dass mehr Mannitol als Laktulose im Urin gefunden wird. Es sollten circa 10 bis 30% des aufgenommenen Mannitols im Urin wiedergefunden werden, wohingegen nur circa 1% der Laktulose gefunden werden sollte (2).
Ein gesundes Gleichgewicht zeigt eine normale Permeabilität der Darmwand an. Abweichungen können jedoch auf Probleme hinweisen: Ein erhöhtes Verhältnis von Laktulose zu Mannitol deutet auf eine erhöhte Durchlässigkeit des Darms hin, während ein Mangel beider Zucker auf eine allgemeine Darmschädigung hinweisen kann. Der Test, der seit den 1970er-Jahren als Goldstandard gilt, wird häufig eingesetzt, um die Rolle der Darmdurchlässigkeit bei verschiedenen Erkrankungen zu untersuchen.

2.2 Zonulin

Zonulin ist ein Protein, das eine zentrale Rolle bei der Regulation der Darmpermeabilität spielt. Es wirkt auf die Tight Junctions, die „Versiegelungen“ zwischen den Zellen der Darmschleimhaut, und kann diese lockern, wodurch die Durchlässigkeit der Darmwand erhöht wird.
Zonulin lässt sich sowohl im Blut, als auch im Stuhl messen. Ein Anstieg der Zonulin-Werte wird als Biomarker für ein erhöhtes Risiko eines Leaky Gut angesehen. Im diagnostischen Kontext ist die Messung von Zonulin eine nicht-invasive und relativ günstige Methode, die Einblicke in die Funktion der Darmbarriere bietet.
Studien zeigen, dass erhöhte Zonulin-Werte mit chronischen Erkrankungen wie Zöliakie, Typ-1-Diabetes und entzündlichen Darmerkrankungen in Verbindung stehen können. Obwohl Zonulin als vielversprechendes Diagnosetool gilt, bleibt die Interpretation und Aussagekraft der Werte umstritten. Einige Studien zeigen, dass die Serum Zonulin-Werte und der Zuckertest nicht wirklich gut miteinander korrelieren (3,4) und auch die Messung von Zonulin im Stuhl zeigt im Vergleich zum Goldstandard des Zuckertestes Schwächen (5).
Dennoch ist die Untersuchung des Zonulin-Wertes ein erster guter Ansatzpunkt zur Diagnose eines Leaky Gut (5).

2. 3 Endoskopie mit Biopsie

Die Endoskopie mit der Entnahme von Biopsien bietet eine direkte Möglichkeit, die Darmgesundheit zu untersuchen und Hinweise auf eine geschädigte Darmbarriere zu finden. Dabei wird eine Gewebeprobe aus der Darmschleimhaut entnommen, die anschließend mikroskopisch analysiert wird. Diese Methode ermöglicht es, strukturelle Veränderungen der Darmbarriere, wie beschädigte Tight Junctions oder entzündliche Prozesse, sichtbar zu machen. Besonders bei chronischen Darmerkrankungen wie Zöliakie, Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa gilt die Biopsie als Goldstandard zur Beurteilung der Darmschleimhaut. Obwohl diese Verfahren als präzise gelten, sind sie invasiv und werden daher nur bei schweren oder unklaren Fällen eingesetzt, wenn nicht-invasive Tests wie der Zuckertest oder die Zonulin-Messung keine eindeutigen Ergebnisse liefern.

2.4 Alpha-1-Antitrypsin

Alpha-1-Antitrypsin wird hauptsächlich in der Leber produziert und hat die Aufgabe der Regulation von Entzündungsprozessen. Im Rahmen einer Stuhluntersuchung gilt Alpha-1-Antitrypsin zudem als Entzündungsmarker für die Darmschleimhaut. Erhöhte Werte des Alpha-1-Antitrypsins deuten auf einen Verlust des Proteins über die Darmwand in den Darm und somit eine erhöhte Permeabilität des Darmes hin.
Besonders bei entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa können die Werte von Alpha-1-Antitrypsin im Stuhl durch die verstärkte Immunreaktionen erhöht sein.
Als nicht-invasives Diagnosetool wird die Alpha-1-Antitrypsin Messung im Stuhl oft in Kombination mit anderen Tests eingesetzt, um die Funktion der Darmbarriere zu bewerten und systemische sowie lokale Entzündungsprozesse zu identifizieren.

2.5 I-FABP

Das intestinale Fettsäure-bindende Protein (I-FABP) befindet sich im Zytoplasma der Darmepithelzellen. I-FABP hat die Aufgabe, bei der Aufnahme von Fettsäuren aus dem Darmlumen zu helfen. Werden die Darmzellen geschädigt, kommt es zur Freisetzung von I-FABP in den Blutkreislauf. Erhöhte I-FABP-Werte im Serum können somit auf akute Darmschädigungen bzw. Störung des Darmepithels und somit eine erhöhte Durchlässigkeit der Darmwand hinweisen. Besonders bei Erkrankungen wie Morbus Crohn, Zöliakie oder schweren Infektionen kann I-FABP als diagnostisches Hilfsmittel verwendet werden. Trotz seiner Spezifität für den Darm wird I-FABP oft in Kombination mit anderen Biomarkern eingesetzt, um ein umfassenderes Bild der Darmgesundheit zu erhalten.

3. Zusammenfassung

Die genaue Definition und Diagnose des leaky gut bedarf definitiv weiterer Forschung (Stand 2024). Dennoch eignen sich die aufgelisteten Diagnosetools zur ersten Einschätzung, ob eventuell eine erhöhte Darmdurchlässigkeit an gewissen Symptomen und Beschwerden beteiligt sein kann. Die genaue Auswertung der Tests sollte jedoch durch einen erfahrenen Arzt und im Zusammenhang mit weiteren Diagnosemitteln (wie beispielsweise einer Darmflora- / Darmmikrobiom-Analyse) erfolgen.

 

Quellen

  1. Leech B, McIntyre E, Steel A, Sibbritt D. Risk factors associated with intestinal permeability in an adult population: A systematic review. Int J Clin Pract. 2019 Oct;73(10):e13385. doi: 10.1111/ijcp.13385. Epub 2019 Jul 5. PMID: 31243854.
  2. https://my.kresserinstitute.com/wp-content/uploads/2020/10/FM-Gut-Diagnosis-Intestinal-Permeability-Assessment-Interpretation-Guide-Clinician-Handout.pdf; zuletzt geprüft 14.11.2024>/li>
  3. Tatucu-Babet OA, Forsyth A, Owen E, Navarro-Perez D, Radcliffe J, Benheim D, Mendis H, Jois M, Itsiopoulos C, Tierney AC. Serum zonulin measured by enzyme-linked immunosorbent assay may not be a reliable marker of small intestinal permeability in healthy adults. Nutr Res. 2020 Jun;78:82-92. doi: 10.1016/j.nutres.2020.05.003. Epub 2020 May 19. PMID: 32563954.
  4. Massier L, Chakaroun R, Kovacs P, Heiker JT. Blurring the picture in leaky gut research: how shortcomings of zonulin as a biomarker mislead the field of intestinal permeability. Gut. 2021 Sep;70(9):1801-1802. doi: 10.1136/gutjnl-2020-323026. Epub 2020 Oct 9. PMID: 33037053; PMCID: PMC8355880.
  5. Wegh CAM, de Roos NM, Hovenier R, Meijerink J, Besseling-van der Vaart I, van Hemert S, Witteman BJM. Intestinal Permeability Measured by Urinary Sucrose Excretion Correlates with Serum Zonulin and Faecal Calprotectin Concentrations in UC Patients in Remission. J Nutr Metab. 2019 Apr 1;2019:2472754. doi: 10.1155/2019/2472754. PMID: 31061734; PMCID: PMC6466955.

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Als Arzt, Spezialist für funktionelle Magen-Darmerkrankungen und selbst Betroffener möchte ich anderen Therapeuten helfen, ihre Patienten besser zu verstehen und zu behandeln.

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