SIBO – Was ist das eigentlich?
SIBO ist die Abkürzung für den englischen Ausdruck „Small Intestinal Bacterial Overgrowth“, auf Deutsch „Dünndarmfehlbesiedlung“. Er beschreibt die krankhafte Vermehrung von Bakterien im Dünndarm.
Im gesunden Zustand ist der Dünndarm, im Gegensatz zum Dickdarm, nur spärlich mit Bakterien besiedelt. Die Menge an Bakterien kann in koloniebildenden Einheiten (KBE) gemessen werden. Im Dickdarm befinden sich ungefähr 10^10-10^12 KBE/ml. In Worten sind dies 10 Milliarden bis eine Billion Bakterien. Der Dünndarm hingegen beinhaltet nur 10^2-10^8 KBE/ml, wobei die Menge im Verlauf des Darms von Duodenum über Jejunum bis hin zum Ileum zunimmt. (1)
Die Prävalenz, also die Krankheitshäufigkeit, der SIBO ist nicht genau bekannt. Je nach Quelle werden zwischen 2,5% und 22% angegeben (2). Konservative Schätzungen gehen von einer weltweiten Prävalenz von 11% aus.
SIBO-Symptome
Aufgrund des vermehrten Bakterienwachstums am falschen Platz kommt es zu einer Überforderung des Dünndarms. Der Dünndarm kann mit der von den Bakterien produzierte Menge an Gasen und Giftstoffen nicht umgehen. Die Folgen sind Symptome wie Bauchschmerzen, Blähbauch, Durchfall, Verstopfung, Aufstoßen, Völlegefühl und Sodbrennen. Einige Patienten klagen auch über Müdigkeit und Konzentrationsschwierigkeiten. Nicht alle 11% der Weltbevölkerung sind so schwer betroffen, dass sie therapeutische Hilfe benötigen. In manchen Fällen verläuft eine SIBO auch komplett asymptomatisch.
Die Symptome setzen typischerweise in den ersten 120 Minuten nach der Nahrungsaufnahme ein und können durch eine FODMAP-reiche Ernährung verstärkt werden. FODMAPs (fermentierbare Oligo-, Di-, Monosaccharide und Polyole) sind fermentierbare Kohlenhydrate und dienen Bakterien als Nahrung. Die Lebensmittel, in denen sie vorkommen, sind komplett unterschiedlich. Über Getreide, Milchprodukte, Pilze, Kohl und Hülsenfrüchten ist alles dabei.
Eine Besserung der Symptome erfolgt meist nach längeren Nüchternphasen. So sind die Beschwerden am Morgen oftmals besser und nehmen im Verlauf des Tages mit zunehmender Nahrungsaufnahme zu.
Arten der SIBO
Normalerweise sind im Dünndarm vor allem Bakterien der Gattungen Lactobacillus, Streptococcus, Bifidobacteria, Clostridium und Bacteroides zu finden (1). Liegt eine SIBO vor, finden sich im Dünndarm allerdings vor allem Bakterien, die typischerweise im Dickdarm vorkommen, wieder. Hierzu gehören zum Beispiel Klebsiellen, Streptokokken, Enterokokken und Escherichia coli (3).
Es gibt drei verschiedene Hauptformen der SIBO. Hierbei wird nach den überwiegend produzierten Gasen eingeteilt und zwischen Wasserstoff (H2), Methan (CH4) und Hydrogensulfid (H2S) unterschieden:
Bei der H2-SIBO klagen die Betroffenen meist über Durchfall, Blähbauch und Blähungen. Wasserstoff entsteht als Abfallprodukt verschiedener Stoffwechselprozesse und wird von zahlreichen verschiedenen Bakterien produziert. Die häufigsten bislang bekannten Bakterien sind hier E.coli-Bakterien und Klebsiellen.
Menschen mit einer Methan-dominanten SIBO leiden meist unter Verstopfung und häufig unter Blähbauch und Blähungen. Methan wird dabei hauptsächlich von Archaeen produziert. Die Bezeichnung SIBO ist hier also eigentlich nicht ganz richtig, da es sich bei Archaeen nicht um Bakterien handelt. Die Methan-dominante-SIBO wird daher IMO (intestinal metanogen overgrowth) (3) genannt. Zusätzlich dazu, dass Archaeen keine klassischen Bakterien sind, können sie sowohl im Dünn- als auch im Dickdarm übersiedeln. Ein wichtiger Aspekt bei der Auswertung der Atemtests.
Archaeen und Bakterien gehören beide zu den Prokaryoten, was bedeutet, dass sie im Gegensatz zu den Eukaryoten keinen Zellkern besitzen. Dennoch unterscheiden sich Archaeen und Bakterien im Zellaufbau und in ihren Stoffwechselprozessen.
Zu den Hauptverursachern einer Methan-dominanten SIBO zählen Methanobrevibacter smithii (4), Methanomassillococcus aund Methanosphaera stadtmaniae.
Bei einer Hydrogensulfid-SIBO überwiegen, wie der Name verrät, Hydrogensulfid-produzierende Bakterien. Hierzu zählen vor allem Fusobacterium genus und Desulvofibrio sp.. Hydrogensulfid ist hierbei der chemische Name für das Gas Schwefelwasserstoff. Die Symptome können bei dieser Form der SIBO sowohl Durchfall (5) als auch Verstopfung (6) sein. Daneben kann es zu Blähungen kommen, die einen typischen Geruch nach faulen Eiern haben.
Quellen
[1] Cresci GA, Bawden E. Gut Microbiome: What We Do and Don’t Know. Nutr Clin Pract. 2015 Dec;30(6):734-46. doi: 10.1177/0884533615609899. Epub 2015 Oct 8. PMID: 26449893; PMCID: PMC4838018.
[2] Skrzydło-Radomańska B, Cukrowska B. How to Recognize and Treat Small Intestinal Bacterial Overgrowth? J Clin Med. 2022 Oct 12;11(20):6017. doi: 10.3390/jcm11206017. PMID: 36294338; PMCID: PMC9604644.
[3] Takakura W, Pimentel M. Small Intestinal Bacterial Overgrowth and Irritable Bowel Syndrome – An Update. Front Psychiatry. 2020 Jul 10;11:664. doi: 10.3389/fpsyt.2020.00664. PMID: 32754068; PMCID: PMC7366247.
[4] Takakura W, Pimentel M. Small Intestinal Bacterial Overgrowth and Irritable Bowel Syndrome – An Update. Front Psychiatry. 2020 Jul 10;11:664. doi: 10.3389/fpsyt.2020.00664. PMID: 32754068; PMCID: PMC7366247.
[5] Pimentel M, Hosseini A, Chang C, Mathur R, Rashid M, Sedighi R, et al. Fr248 EXHALED HYDROGEN SULFIDE IS INCREASED IN PATIENTS WITH DIARRHEA: RESULTS OF A NOVEL COLLECTION AND BREATH TESTING DEVICE. Gastroenterology. 2021 May;160(6):S-278. DOI: 10.1016/S0016-5085(21)01391-3.
[6] Guo HZ, Dong WX, Zhang X, Zhu SW, Liu ZJ, Duan LP. [The diagnostic value of hydrogen sulfide breath test for small intestinal bacterial overgrowth]. Zhonghua Nei Ke Za Zhi. 2021 Apr 1;60(4):356-361. Chinese. doi: 10.3760/cma.j.cn112138-20200731-00725. PMID: 33765706.
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